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Dr. Wolfgang Welsch

sprach am 8. November 2011

über seine Zeit in Gefängnissen der Stasi, deren langen Arm im Westen

– und vor allem über den Wert der Freiheit.

Der DDR-Regimekritiker und erfolgreiche Fluchthelfer Wolfgang Welsch war am 8. November 2011 zum ersten Mal am ITG, um über seine Erfahrungen in einem Unrechtsstaat zu sprechen – und er war bestimmt nicht das letzte Mal an unserer Schule.
In einem beeindruckenden Vortrag vor der gesamten 11. Jahrgangsstufe erzählte Welsch mit erstaunlich fester und ruhiger Stimme, oft aus der Distanz, manchmal auch (immer noch) sichtlich betroffen, von seinem Kampf gegen das Vergessen und das Verdrängen.
Wolfgang Welsch, Jahrgang 1944, wurde 1964 von der Stasi verhaftet und nach fast 7 Jahren in ihren Gefängnissen, wo er misshandelt und gefoltert wurde,  von der Bundesrepublik für 90 000 DM freigekauft. Er studierte in Gießen Politologie und Soziologie und agierte viele Jahre als Fluchthelfer; es gelang ihm, 220 DDR-Bürger in den Westen zu bringen. Für das MfS wirkten seine Aktionen wie der Stich eines Skorpions – es fühlte sich gedemütigt und der Lächerlichkeit preisgegeben. Die Stasi verfolgte ihn nun auch im Westen; er entging zwei Mordversuchen, bis die Staatssicherheit den ZOV (Zentraler Operativer Vorgang) „Skorpion“ einleitete. Einer seiner besten Freunde wurde auf ihn angesetzt und Welsch sollte im Auftrag der DDR liquidiert werden. Das MfS scheute dafür weder Kosten noch Mittel. Nur mit viel Glück und fast wie durch ein Wunder überlebte Welsch den Giftanschlag. Durch die Öffnung der Mauer und den Zusammenbruch der DDR entging er einem vierten Anschlag, den er mit Sicherheit nicht überlebt hätte: Die Stasi plante ein Killerkommando der SWAPO auf ihn anzusetzen.

Heute arbeitet Dr. Wolfgang Welsch, Publizist und Autor („Ich war Staatsfeind Nr.1“), unermüdlich gegen die Verklärung der DDR-Diktatur, denn über 20 Jahre nach dem Ende der DDR scheint eine grundlegende Aufarbeitung politisch nicht immer als erwünscht.

Welschs Vortrag war der Anlass, ausführlich mit den Schülerinnen und Schülern über politische Verfolgung, Menschenrechte und die Notwendigkeit historischen Aufarbeitens zu sprechen – und es wurde bei vielen der Wunsch wach, mehr über das Phantom DDR zu erfahren: „Denn wer in der Demokratie schläft, der wacht in der Diktatur auf“.

Angelika Neumayer, ITG